Welche Pflichten und Grenzwerte gelten für den Einsatz bleihaltiger Produkte? Darüber haben wir in unserem letzten Beitrag berichtet. Wie einzelne Industriezweige die Reduzierung umgesetzt haben, wollen wir in den folgenden Beiträgen beleuchten. Heute befassen wir uns mit dem Thema Bleifrei Verzinken und der Bedeutung von Blei beim Feuerverzinken (Stückverzinken) von Stahl.
- Feuerverzinken (Stückverzinken) von Stahl
- Frühere Nutzung von Blei beim Stückverzinken: Vom unvermeidbaren Begleitelement zum Legierungselement der Wahl
- Blei im Zinkbad: Erlaubt aber heutzutage kaum noch genutzt
- Eignen sich Bismut und Zinn langfristig als Ersatz für Blei in Zinkschmelzen?
- Bleifrei Verzinken: Heute Stand der Technik
Feuerverzinken (Stückverzinken) von Stahl
Beim Stückverzinken als Form des Feuerverzinkens wird Stahl, beispielsweise in Form von Trägern für das Baugewerbe, nach einer bestimmten Vorbehandlung in schmelzflüssiges Zink eingetaucht. Dabei bilden das Eisen des Stahls und das schmelzflüssige Zink auf der Stahloberfläche sogenannte intermetallische Phasen aus. Das sind Eisen-Zink-Legierungsschichten mit jeweils unterschiedlichen Eisen- und Zinkgehalten. So entsteht ein sehr fest haftender, metallischer Überzug, der im Gegensatz zu organischen Beschichtungen auch schon mal heftigere mechanische Beanspruchungen z.B. beim Transport oder Einbau der Teile erträgt. In Abhängigkeit von Parametern wie Dicke und chemische Zusammensetzung der Stahlteile oder Verzinkungsdauer entstehen Zinküberzüge mit üblichen Dicken zwischen 50 – 150 µm.
Das Stückverzinken als passive Korrosionsschutzmethode für Stahl hat sich seit langer Zeit bewährt. Die Schutzdauer eines Zinküberzuges hängt dabei maßgeblich von dessen Dicke und den Umgebungsbedingungen (Korrosivitätskategorie) ab und kann an Bauwerken zwischen 50 – 100 Jahre betragen. Die entsprechende Industrienorm zum Stückverzinken ist die DIN EN ISO 1461.
Frühere Nutzung von Blei beim Stückverzinken: Vom unvermeidbaren Begleitelement zum Legierungselement der Wahl
In den Anfängen der Stückverzinkung war immer Blei als Begleitelement des Zinks in den Zinkschmelzen enthalten. Nachdem das Verfahren zunehmend auf wissenschaftliche Grundlagen gestellt wurde, wurde erkannt, dass Blei auch den technologischen Prozess sehr positiv beeinflusst. Blei wirkt in Zinkschmelzen v.a. zur Absenkung der Oberflächenspannung. Dadurch konnte die Benetzung der Stahlteile mit der Zinkschmelze und somit auch die Qualität der Zinküberzüge verbessert werden. Gleichzeitig brachte der Einsatz von Blei in höheren Konzentrationen (Bleisumpf am Kesselboden) eine Schutzwirkung für den Zinkkessel mit sich und erleichterte das Hartzinkziehen.
Aus diesen Gründen enthielten übliche Zinkbäder zum Stückverzinken seit vielen Jahrzehnten Blei im Konzentrationsbereich zwischen 0,3 – 1,0 Ma-%. Nach dem Verzinken der Stahlteile fand sich dieses Blei in geringerer Gesamtkonzentration, aber lokal deutlich aufkonzentriert auch an der Oberfläche der entsprechenden Zinküberzüge wieder, da Zink und Blei im festen Zustand nicht löslich sind.
Blei im Zinkbad: Erlaubt aber heutzutage kaum noch genutzt
Mit der 9. ATP (Anpassung an den technischen Fortschritt) zur CLP-Verordnung 1 wurde ab dem 01.03.2018 elementares Blei als Pulver oder massives Metall als reproduktionstoxisch Kategorie 1A eingestuft. Spätestens ab diesem Zeitpunkt geriet die Stückverzinkungsbranche bezüglich des Bleianteils in ihren Zinkbädern in erheblichen Zugzwang, auch wenn der Bleieinsatz durch Ausnahmeregelung noch immer erlaubt ist.
Als Folge reduzierten immer mehr deutsche und europäische Verzinkungsbetriebe schrittweise den Bleigehalt ihrer Zinkschmelzen und begannen, das Blei durch andere, weniger kritische Elemente wie v.a. Bismut – zum Teil auch in Kombination mit Zinn – zu ersetzen. Beide Metalle vermindern ebenfalls die Oberflächenspannung der Zinkschmelze und verbessern erheblich die Benetzbarkeit der zu verzinkenden Stahlteile. Dennoch gab es begründete Unsicherheiten und Bedenken bezüglich ihres Einsatzes, u.a. auch hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Innenwand der Stahl-Verzinkungskessel und damit zusammenhängend auf ihre Lebensdauer 2.
Eignen sich Bismut und Zinn langfristig als Ersatz für Blei in Zinkschmelzen?
Das entsprechende Verhalten bleihaltiger Zinkbäder war seit vielen Jahrzehnten bekannt, das von Bismut- oder von Bismut- und Zinn-legierten Zinkschmelzen dagegen kaum. Um diese Unsicherheit abzubauen, wurden von Herrn Dr. Jürgen Triebert und Frau Dipl.-Ing. Theresa Klein, unterstützt durch Herrn Dipl.-Ing. Steffen Six, zwei große Forschungsprojekte über insgesamt 6 Jahre hinweg durchgeführt. Als Ergebnis wurde festgestellt, dass Bismut als alleiniger Zusatz in der Zinkschmelze zu keinem verstärkten Angriff auf die Kesselwand führt, auch nicht in höheren Konzentrationen 3. Rein Bismut-legierte Zinkschmelzen verkürzen somit die Lebensdauer von Verzinkungskesseln nicht. Es zeigte sich, dass Bismut im gesamten Stückverzinkungsprozess ein sehr geeigneter und deutlich weniger kritischer Ersatz für Blei ist.
Im Fall rein zinnlegierter Zinkbäder mit erhöhter Zinnkonzentration ergaben sich dagegen bei hohen Kessel-Innenwandtemperaturen von 480°C erhöhte Abtragsraten am Kesselstahl. Bei sachgemäßer Nachlegierung von Zinn, z.B. als gemeinsame Vorlegierung mit Bismut, und bei Vermeidung zu hoher Kesselwandtemperaturen, ist aber auch hier keine Verkürzung der Kesselstandzeiten zu erwarten.
Bleifrei Verzinken: Heute Stand der Technik
Unter anderem diese FuE-Ergebnisse, die auf der EUROCORR 2017 4, der Intergalva 2018 5 und auf dem GAV-Forschungskolloquium 2023 6 veröffentlicht wurden, brachten den Stückverzinkern die benötigte Sicherheit, um von bleihaltigen auf bismuthaltige oder bismut- und zinnhaltige Zinkschmelzen umzustellen. Bleifrei Verzinken oder zumindest bleiarmes Verzinken (< 0,3 Ma-% Pb), oft unter Zusatz von Bismut oder von Bismut und Zinn als Bleiersatz, ist aktuell bei dem Großteil der deutschen Stückverzinker Stand der Technik. Diese Prozessänderung wurde entweder durch stetiges Ausfahren von Blei oder im Zuge von Kesselwechseln umgesetzt.
Kontakt zu unseren Experten für metallische Überzüge.
Sie haben Fragen zum Fachgebiet Metallische Überzüge oder speziell zu den Themen Feuerverzinken (Stückverzinken), Bleifrei Verzinken, Zinküberzüge? Dann kontaktieren Sie unsere Experten Steffen Six und Dr. Jürgen Triebert.

Steffen Six
Geschäftsführer
Dr. Jürgen Triebert
GeschäftsführerMehr Beiträge aus unserer Reihe „Blei im Korrosionsschutz“:
- Verordnung (EU) 2016/1179 der Kommission vom 19. Juli 2016 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen zwecks Anpassung an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt. URL: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32016R1179
- Schulz, W.-D.; Thiele, M. (2012): „Feuerverzinken von Stückgut“ 2. Auflage 2012. ISBN 978-3-87480-258-1.
- Klein, T. (2015): Einfluss bismuthaltiger Zinkschmelzen auf die Legierungsschichten auf Verzinkungskessel-Stählen. TU Dresden. Diplomarbeit. 2015
- Triebert, J.; Klein, T.: „Lead-free and bismuth-containing zinc melts in hot-dip galvanizing“ Poster bei der EUROCORR 2017 : 20th International Corrosion Congress and Process Safety Congress 2017 in Prag.
- Triebert, J.; Klein, T.; Six, S.: „Lead-free and bismuth-containing zinc melts and kettles in hot-dip galvanizing“ Vortrag bei der Intergalva 2018. 25th International Galvanizing Conference and Exhibition. Berlin.
- Triebert, J.; Klein, T. (2023): „Untersuchungen zum Einfluss der Legierungselemente Pb, Bi, Sn und Al auf die Kesselstandzeit beim Feuerverzinken“ GAV Forschungskolloquium 2023. URL: https://www.gav-verzinken.de/fileadmin/user_upload/gav-verzinken/Kolloquium_2023/15_Triebert_Web_01.pdf



